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12. Gut gemeinte Floskeln

Und neben den Erinnerungen, die einem schon mal richtig eine reinhauen können, gibt es ja noch allerhand beliebte Floskeln, die uns mit auf den Weg gegeben wurden:

Ihr seid doch noch so jung (könnt noch viele Kinder
bekommen): Ja, sicher sind wir noch jung (zum Glück, denn so sitzt einem wenigstens die Zeit nicht im Nacken). Dennoch macht es unseren Schmerz weder leichter, noch
könnte ein anderes Kind je eines unserer Sternchen ersetzen.
Die Frage nach dem Warum bleibt ungeklärt und auch, ob wir denn noch Kinder bekommen können, denn das hat ja leider nicht nur etwas mit dem Alter zu tun.

Es war ja noch so früh/ klein/ kein richtiges Baby:
Wie groß oder wie klein ein Baby ist, ist erstmal total egal. Die Liebe ist mit dem positiven
Schwangerschaftstest da und nicht erst, wenn das Baby auf der Welt ist.
Für mich ganz persönlich war es leichter mit den „kleinen“ Sternchen klar zu kommen.
Ich konnte für mich sagen, dass sich die Natur dabei eventuell doch etwas gedacht hat, auch wenn die Untersuchungen ohne Befund waren. Bei meinem Fynn fiel und fällt es mir immer noch sehr schwer und das Warum ist immer noch präsent. Das mag sicherlich damit zusammen hängen, dass er noch hätte leben können.
Und dennoch: Jeder hat das Recht zu trauern - egal wie klein das Baby war.

Jetzt musst du doch mal fertig sein mit trauern:
Nein! Ich werde niemals fertig sein. Bis ich meine Augen für immer schließe, werde ich ein Stück weit traurig sein. Momente haben, in denen ich starke Sehnsucht nach meinen Sternen habe. Tag für Tag vermisse ich meine Sterne mal intensiver, mal weniger intensiv.
Die Trauer verändert sich. Man lernt wieder lachen, man lernt wieder leben, aber ganz vorbei – dass ist sie erst, wenn ich gegangen bin.

Und zu guter Letzt meine Lieblingsfloskel:
Seid doch froh und dankbar, dass ihr ein Kind habt und lasst es gut sein:
Natürlich sind wir unendlich dankbar, dass wir unsere Tochter haben und wir freuen uns Tag für Tag, dass wir sehen dürfen wie sie sich entwickelt und soviel neues lernt. Wir sind dankbar, dass es uns gut geht und wir gesund sind.
Und dennoch: Schon ein Kind an der Hand zu haben macht die Sache nicht nur leichter, sondern auch schwerer.
Wir können uns nicht einfach krank schreiben lassen und uns im Bett verkriechen, sei es auch nur für einen Tag.
Wir müssen, auch direkt nach dem Schicksalsschlag, wieder funktionieren.
Wir müssen fröhlich Weihnachtslieder trällern und im Freibad Babybäuche anschauen.
Wir müssen zum Kindergarten, in dem einem abgehetzte Eltern (mit Baby) entgegen kommen.
Wir müssen zum Kinderturnen und zum Kinderarzt – alles voll mit Babys und Schwangeren.
Wir mussten uns über Weihnachtsmärkte und durch den Zoo quälen. Ich musste Babys und schwangere ertragen – obwohl ich es zeitweise nicht konnte.
Ich musste weiter Kontakt zum besten Freund meiner Tochter halten, obwohl die Mama auch schwanger war, genauso weit wie ich mit Fynn gewesen wäre.

Ich könnte noch ewig so weiter machen...
Nicht, dass wir das mit unserer Tochter nicht gern gemacht haben. Im Gegenteil, ich liebe Unternehmungen und Ausflüge mit der Kleinen. Aber dennoch gab es eine Zeit, in der ich darauf sehr gern verzichtet hätte. Auch wenn man sich unterwegs auf sein Kind
konzentriert schweift der Blick dennoch und da reichte schon ein Kinderwagen, um mir Tränen in die Augen zu bringen.

Es ist anders mit Kind an der Hand – aber nicht leichter!


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